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Alkohol und MS



„Ein Gläschen in Ehren…“ – Alkohol bei MS
7. Februar 2017 Allgemein

Für viele MS-Betroffene ist Ernährung ein wichtiges Thema. Ich habe vor kurzem auf einer Patientenveranstaltung über die Bedeutung von Diäten gesprochen. In der anschließenden Fragerunde wurde ich (zurecht) darauf hingewiesen, dass ich kein Wort über die positiven oder negativen Wirkungen von Alkohol verloren hätte. Eine gute Anmerkung, denn ich bin tatsächlich nicht darauf eingegangen, obwohl das Thema– nicht nur für MS-Betroffene – wichtig ist. Ich habe dann auch während der Diskussionsrunde gemerkt, dass ein hohes Interesse, aber auch ein hoher Informationsbedarf besteht.
Alkoholkonsum ist ein fester Bestandteil unserer gesellschaftlichen Kultur. Statistischen Angaben zufolge trinken etwa 70% der Deutschen mindestens einmal im Monat Alkohol. Man schätzt die anregende und stimmungssteigernde Wirkung von Alkohol, der in vielen Regionen Deutschlands ein Teil des Brauchtums ist und auch bei zahlreichen gesellschaftlichen Anlässen akzeptiert wird.

In Deutschland herrscht daher ein relativ permissiver Umgang mit Alkohol, wobei dies häufig darüber hinwegtäuscht, wie gefährlich Alkohol bei übermäßigem Konsum werden kann. Zudem ist der Schritt vom risikoarmen Konsum hin zum riskanten Konsum gar nicht so groß, wie manche vielleicht denken.
Laut offizieller Empfehlung liegt für einen risikoarmen Konsum der Grenzwert für Frauen bei 12 Gramm reinen Alkohols täglich und bei Männern bei 24 Gramm täglich. Konkret ausgedrückt bedeutet somit ein risikoarmer Alkoholgebrauch für Frauen nicht mehr als ein kleines Glas Bier (0.25 l) oder ein Glas Wein/Sekt (0.1 l) pro Tag – dann bleibt das Risiko für gesundheitliche Schäden gering. Männer dürften theoretisch die doppelte Menge konsumieren, aber egal, ob Mann oder Frau: an mindestens zwei Tagen in der Woche sollte gar kein Alkohol getrunken werden.

Nicht selten liegt der individuelle Konsum höher – und dann läuft man Gefahr, seine Gesundheit durch die schädigenden Effekte des Alkohols (Bluthochdruck, Gefäßerkrankungen, Leberschäden etc.) zu beeinträchtigen. Für MS-Betroffene sind die negativen Auswirkungen häufig noch gravierender. Alkohol ist ein Nervengift, es schädigt Nervenzellen und reduziert die Leistungsfähigkeit und Kapazität des Gehirns. Es ist daher relativ logisch, dass MS-Betroffene auf einen risikoarmen Alkoholkonsum achten sollten.

Aber auch geringe Mengen Alkohol, die gemeinhin nicht als gesundheitsschädlich eingestuft werden, können bei MS-Betroffenen, wenn bestimmte Vorschäden vorliegen, eine ausgeprägte Wirkung hervorrufen und das Gleichgewichtsgefühl oder die Gehfähigkeit stärker beeinträchtigen als bei Nicht-Betroffenen. Wenn man eine solche Erfahrung gemacht hat, ist es sicherlich am klügsten, weitgehend auf Alkohol zu verzichten.

Eine problematische gesellschaftliche Entwicklung ist das Trinken bis zum Rausch – im Volksmund gerne als „Komasaufen“ bezeichnet und vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen „beliebt“, also der Altersgruppe, der auch viele MS-Kranke angehören. Schon für ein normales Gehirn ist der Rausch ein Super-GAU (selbst wenn er nur gelegentlich vorkommt) – Millionen von Gehirnzellen werden zerstört. Ich glaube, ich brauche nicht weiter auszuführen, dass dies eine Situation ist, die ein MS-Betroffener nun so gar nicht braucht.

Nun wird den eindeutigen Argumenten zur Schädlichkeit von Alkohol immer wieder entgegengehalten, dass es doch eine medizinisch-protektive Wirkung von Alkohol vor allem auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen geben soll. Man „solle doch ein Glas Wein pro Tag zur Schlaganfall oder Herzinfarktprophylaxe zu sich nehmen“. In der Tat gibt es eine Reihe von wissenschaftlichen Studien, die diese Sichtweise stützen, aber die Situation ist keinesfalls so eindeutig, wie sie manchmal in der Öffentlichkeit kommuniziert wird. Neuere epidemiologische Studien konnten zeigen, dass die Studien, die einen protektiven Effekt von geringem Alkoholkonsum zeigen konnten, wahrscheinlich nicht richtig adjustiert waren. Letztlich schnitten die „Abstinenzler“ im Hinblick auf die Gesundheit immer besser ab.

Zusammenfassend ist somit nichts gegen ein gelegentliches Glas Wein zu einem guten Essen oder das Bier zum Fußball einzuwenden – für Gesunde wie für MS-Betroffene gilt, dass ein risikoarmer Alkoholkonsum weder gesundheitsschädlich noch gesundheitsförderlich, aber akzeptabel ist. Trotzdem sollten MS-Patienten auf „dem Schirm haben“, dass Alkohol bei entsprechenden individuellen Vorschäden des Gehirns unangenehme Auswirkungen auf das Gesamtbefinden haben kann.



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